Finanzielle Rahmenbedingungen MikroÖV

Die Finanzierung resp. Finanzierungsmöglichkeiten sind entscheidend für das Serviceniveau und die Qualität einer MikroÖV-Lösung. In der Regel lukriert der Auftraggeber (z.B. Gemeinde) die Einnahmen aus dem Fahrscheinverkauf und bezahlt das Unternehmen oder leistet einem Verein eine Abgeltung für

  • die gefahrene Kilometerleistung und
  • die Bereitschaftszeit, in der kein Bedarf für eine Fahrt angemeldet wurde.

Der Preis für eine Fahrdienstleistung in Form eines Fahrscheins ist frei wählbar. Empfohlen wird, die Fahrt nicht gratis anzubieten und den Fahrpreis abhängig von der Entfernung zu staffeln. Damit das ÖV-Angebot angenommen wird, müssen die Fahrpreise in einem akzeptablen Bereich liegen. Tarife bis zu € 3,- innerhalb eines Gemeindegebietes gelten als angemessen und werden akzeptiert (Kleinräumige Mobilitätsangebote, 2012). Bei einer über einen Verein organisierten Mikro-ÖV-Lösung gelten Mitgliedsbeiträge von € 10,- bis € 20,- pro Jahr als angemessen (Koch et al. 2012). Die Mitgliedschaft kann auch kostenlos sein. Vereine nützen in der Regel auch andere Einnahmequellen wie das Veranstalten von Festen.

Die mit den im akzeptierten Bereich liegenden Fahrpreisen erzielbaren Einnahmen liegen in der Regel unter den Investitions- und Betriebskosten für das MikroÖV-System (Wolf-Eberl et al. 2010). Im Regelfall können MikroÖV-Dienstleistungen kaum selbstfinanzierend betrieben werden.

Grundsätzlich können eine sparsame Betriebsführung, ehrenamtliches Engagement und Unterstützung aus der Wirtschaft (Sponsoring, Vermietung von Werbeflächen) fehlende Budgetmittel ausgleichen helfen. MikroÖV-Systeme können aber auch neue Geschäftsmodelle nach sich ziehen, wenn Unternehmer die Mobilitätsdienstleistung mit Beförderungs- und Zustellleistungen usw. kombinieren (Wolf-Eberl et al. 2010).

Planungsgrundlage bilden die vor Ort vorliegenden Bedürfnisse, die mit Hilfe eines MikroÖV-Systems befriedigt werden sollen. Hierfür ist eine Analyse der Ist-Situation nötig. Ausgehend von den verfügbaren Daten über die Bevölkerungsstruktur, Arbeitsplatzsituation, usw. können eine Mobilitätserhebung, eine vertiefte Zielgruppenbefragung und eine Einstellungsbefragung durchgeführt werden. Bei der Mobilitätserhebung zeichnet jede Person in einem gezogenen Haushalt über 6 Jahre alle Wege an einem bestimmten Stichtag auf. Bei der vertieften Befragung wird die Bereitschaft zur Nutzung des neuen Verkehrsangebots erfragt, bei der Einstellungsbefragung die Meinung über das MikroÖV-System und die Wünsche (Ziele und Bedienzeiten) erhoben und gleichzeitig Informationen geboten und Interesse geweckt (Anhang 2).

Auf Basis der erhobenen Informationen aus der Analyse der Ist-Situation lassen sich mit Hilfe einer Potenzialabschätzung die Dimension und die Anzahl der benötigen Verkehrsmittel und das benötigte Bedien- und Verwaltungspersonal abschätzen. Wichtige Hinweise geben in der Regel die örtlichen Gewerbebetriebe und Einrichtungen.

Planungsgrundlage bilden die anfallenden Kosten für MikroÖV-Systeme pro Jahr. Die anfallenden Kosten ergeben sich aus den in Tabelle 3 zusammengestellten Kostenkomponenten.

 

Tabelle zur Darstellung der Kostenkomponente für den MikroÖV

 

Bei der Implementierung eines neuen MikroÖV-Systems empfehlen sich Obergrenzen für die Ausgaben, um Budgetüberschreitungen zu vermeiden. Schon bei der Planung sind Qualitätskriterien, wie Standard bei Sauberkeit und Pünktlichkeit, Fahrzeugausstattung usw. festzulegen. Sie müssen permanent kontrolliert und gegebenenfalls überarbeitet werden.

Für Mikro-ÖV-Systeme gibt es einige Förderschienen. In deren Rahmen wurden seit 2011 49 Projekte im Umfang von € 4,3 Mio. mit € 1,9 Mio. gefördert (Estermann 2014). In Anhang 3 sind die Kontaktadressen von Förderstellen für MikroÖV-Systeme aufgelistet.

  1. Förderungen durch die Europäische Gemeinschaft werden im Rahmen des „Österreichisches Programms für die Entwicklung des Ländlichen Raums“ durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft abgewickelt. Die Förderschiene Leader unterstützt die Planung, Vorbereitung und Implementierung sowie auch einen zeitlich begrenzten Probebetrieb von Mikro-ÖV-Systemen.
  2. Die Österreichische Bundesregierung fördert über den Klima- und Energiefonds die Implementierung von Mikro-ÖV-Systemen, die Erweiterung bestehender Angebote aber auch Grundlagenarbeiten im Zusammenhang mit kleinräumigen Mobilitätsangeboten. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft unterstützt im Rahmen der klima:aktiv-Förderschiene Planungskosten von Mikro-ÖV-Systemen, den Betrieb in der Implementierungsphase und Investitionskosten. Diese Förderung ist abhängig von geplanten CO2-Einsparungen. Die höchste Förderquote erhalten MikroÖV-Systeme auf Basis CO2-neutralen Elektrofahrzeugen.
  3. Das Land Niederösterreich bietet eine Reihe an Förderungen.

a) Eine spezielle Förderschiene für MikroÖV-Systeme gewährt 50% der Anschaffungskosten (+10% bei alternativen Antrieben) bei der Fahrzeuganschaffung und Fahrgastförderungen bis € 30.000,- pro Jahr. Diese Förderung kann in Anspruch genommen werden, wenn Bedarf und Wirtschaftlichkeit nachgewiesen sind und die Fahrpreise bestimmte Höchstwerte nicht überschreiten (€ 1,- für eine Einzelfahrt, € 7,- für eine Wochenkarte, € 20,- für eine Monatskarte, € 150,- für eine Jahreskarte) (Koch et al. 2012).

b) Mit der Förderschiene Niederösterreichisches Nahverkehrsfinanzierungsprogramm (NÖ NVFP) werden allgemein bedarfsgesteuerte Verkehrssysteme gefördert. Bis zu 40% der effektiven Kosten der Gemeinde (abhängig von der Finanzkraftkopfquote der Gemeinde) werden über diese Förderung vom Land Niederösterreich übernommen. Gefördert werden Gemeinden in Niederösterreich, Organisationen oder Institutionen bei

  • den vorbereitenden Untersuchungen
  • der Errichtung oder Verbesserung der erforderlichen Nahverkehrsinfrastruktur, wie Umsteigestellen an Verkehrsknotenpunkten, Park & Ride-Anlagen, an Buslinien; bewegliche Anlagen wie etwa Fahrzeugausrüstungen; Informations- und Kommunikationssysteme
  • betrieblichen Maßnahmen, wie Erweiterung und Verdichtung des Verkehrsangebotes auf bestehenden Linien; Verlängerung von Linien; Einführung und Betrieb neuer Linien.

Weiters bietet das Land Niederösterreich seit Herbst 2002 eine Dispositionszentrale an, unter der der MikroÖV landesweit einheitlich zum Ortstarif angemeldet werden kann. Die Kosten dafür trägt das Land Niederösterreich. So sparen die Gemeinden bei den Betriebsmitteln der Fahrtbestellung und bei den Organisationsausgaben für die Projektumsetzung.

 

Quellen:
Estermann, U. (2014): Mikro-ÖV-Systeme im ländlichen Raum. Erfahrungen/Ergebnisse/Zukunft. GSV „Mikro-ÖV-Systeme im ländlichen Raum“. 18. Februar 2014, Wien. Aufgerufen am 20.3.2014 unter http://www.kommunalkredit.at/uploads/KomDialog_Estermann_schig_6918_DE.pdf
Helmut Koch, Doris Teufelsbrucker, Gudrun Lantzberg (2012): Kleinräumige Mobilitätsangebote. Empfehlungen für die praktische Umsetzung. Hg. v. Amt der NÖ Landesregierung, Gruppe Raumordnung, Umwelt und Verkehr, abteilung Gesamtverkehrsangelegenheiten
Susanne Wolf-Eberl, Helmut Koch, Gerold Estermann, Alexander Fürdös (2010): Ohne eigenes Auto mobil – Ein Handbuch für Planung, Errichtung und Betrieb von Mikro-ÖV Systemen im ländlichen Raum. Hg. v. Klima- und Energiefonds, Gumpendorfer Straße 5/22, 1060 Wien, www.klimafonds.gv.at